Null Selbstwertgefühl: Marilyn Monroe
Wie kann das sein? "Marilyn Monroe" und "Minderwertigkeitsgefühle" - wie passt das zusammen? Eigentlich gar nicht, oder? Sie war doch schon zu Lebzeiten eine Legende. Tief innen drin jedoch war sie voll von Selbstzweifeln.
Woran sich das festmachen lässt? Lassen wir Marilyn Monroe selbst zu Wort kommen:
„But there was a period when I responded too much to flattery and slept around too much, thinking it would help my career, though I always liked the guy at the time. They were always so full of self-confidence and I had none at all and they made me feel better.“
„Es gab jedoch eine Zeit, wo ich zu sehr Schmeicheleien erlag und zu viel herumschlief. Ich dachte, es würde meiner Karriere helfen, wobei ich immer den jeweiligen Mann mochte. Sie waren immer so voll Selbstsicherheit, und ich hatte davon überhaupt nichts, und sie bewirkten, dass ich mich besser fühlte.“
(W. J. Weatherby: Conversations with Marilyn, London 1976, 144 [Übersetzung von mir].)
Keine Selbstsicherheit? Nichts davon? Wirklich? Wirklich! Das war nicht eine leicht dahingeworfene Bemerkung. So sagt Monroe über ihren Schauspiellehrer Michael Tschechow:
„He gave me some confidence in myself. I had none at all.“
„Er gab mir etwas Selbstvertrauen. Ich hatte überhaupt keins.“
(Ebenda, 190.)
Gut, man könnte sagen, dass das auf den Anfang ihrer Karriere zutreffe, dass sie mit wachsendem Erfolg doch selbstsicherer geworden sein muss, oder? Weit gefehlt. Zurückschauend auf ihre Karriere sagt Monroe:
„I could have got so much more done if I had more self-confidence.“
„Ich hätte so viel mehr schaffen können, wenn ich mehr Selbstbewusstsein gehabt hätte.“
(Ebenda, 151)
Aha. Gut, es bleibt mir nichts anderes übrig, als ihren Worten Glauben zu schenken: Marilyn Monroe war unsicher - ihr ganzes Leben lang.
Warum ich hier ihre Minderwertigkeitsgefühle thematisiere? Ich weiß nicht, ob es die Hauptursache ist, niemand weiß es, Marilyn Monroe selbst wird es nicht gewusst haben - aber ich denke, dieses Hin- und Hergeschoben-Werden in ihrer Kindheit wird einen großen Teil dazu beigtetragen haben: Pflege - Heim - Pflege usw. usw.
Mit der Selbstsicherheit ist das so eine Sache. Nach Gesprächen mit vielen, vielen Menschen habe ich den Eindruck bekommen, dass niemand richtig fest im Sattel sitzt. Jeder hat, so mein Eindruck, mit Minderwertigkeitsgefühlen zu kämpfen.
Doch bei uns Adoptiv- und Pflegekindern kommt noch, wie ich denke, eine dicke Schippe obendrauf. Wenn du von dem Menschen weggegeben wirst, der dir am nächsten steht, von dem Menschen, für den du das Wertvollste sein müsstest, wie kannst du dich dann noch wertvoll fühlen?
Und egal was du danach erreichst und wirst und bist, diese Kränkung deines Selbstwertgefühls kann durch nichts kompensiert werden. Auch dann nicht, wenn du so erfolgreich bist, wenn du so eine Legende bist wie Marilyn Monroe.